
Wer schon länger fotografiert, weiß, dass mit der Zeit die eigenen Ansprüche steigen.
Dass der Sperling auf dem Gartenzaun keine Herausforderung mehr ist. Und so wird nach neuen Wegen gesucht, die manchmal auch schwieriger sind, als die herkömmlichen. Ist man zu zweit unterwegs gewesen, beginnen solche Geschichten gewöhnlich mit : „Weißt du noch…?“ Aber ich war allein unterwegs.
Noch bis zu dieser Baumgruppe, die dort weit vor mir, in dieser Steppe, wie auch immer, ihren Platz gefunden hat. So weit das Auge reicht, vertrocknete Pflanzen. Kniehoch knistern sie bei jedem meiner schweren Schritte. Als wollten sie mich aufhalten, die Lupine, Melde, Ackerdistel, Klette und Co. Keine Himbeere, keine Brombeere, die ein wenig den trockenen Mund hätten befeuchten können. Brachland. Durstiges Brachland. Durstig wie ich selbst. Diese Bäume, die meine Rettung sein könnten, kommen nicht näher, scheinen eher vor mir davonzulaufen. Der Schweiß rinnt in die Augen. Die brennen. Je mehr ich reibe, um so verschwommener wird der Weg vor mir, der keiner ist. Seit gut einer Stunde fluche ich mich, mit Fotoausrüstung auf den Schultern, unter den heißen Blicken der litauischen Spätsommersonne Querfeld über diese unendlich scheinende Fläche, die eine Abkürzung sein sollte, die mir aber nie so lang vorkam, wie an diesem Tag. Das heiße Wasser in der Trinkflasche ist auch keine große Hilfe mehr. Weit in der Ferne ist ein Wolkenbruch zu sehen. Dort wäre ich jetzt zu gern. Doch ich bin in der Hölle.
Ich denke an einen See, an einen Fluss, Bach oder wenigstens an ein Wasserloch in das ich meinen Kopf hätte stecken können.
Die Sachen kleben am Leib. Der Mund trocken. Die Schritte automatisch, wie eine Maschine. Den Blick auf das Kraut unter mir gerichtet, um mich herum nichts mehr wahrnehmend, kommen die Bäume langsam näher. Jetzt nur nicht schlappmachen. Nicht stehenbleiben. Durchhalten. Selbstvorwürfe. Warum bin ich nicht den Weg zurück gegangen, auf dem ich gekommen war? Die Furcht vor einem Hitzschlag treibt mich vorwärts.
Noch ein paar Meter. Ich lockere die Riemen vom Rucksack, nehme das Stativ herunter und taumele das letzte Stück bis unter eine junge Birke, deren Samen einst der Wind an diesen öden Ort getragen haben muss. So lehne ich sitzend an deren Stamm und bin froh, bis hier her gekommen zu sein. Da kommt mir ein bewährtes Mittel gegen den Durst, aus meiner Zeit als Forstlehrling, in den Sinn. Ich schlage mit meinem kleinen Handbeil eine Kerbe in den Stamm und trinke das Wasser, das dort austritt. Ein Genuss in dieser Situation. Und ein Glück, denn das schmeckt nur von einer Birke. Ausgeruht, den Durst gestillt, setze ich mit letzter Kraft und schon fast lustlos zum Finale an. Bei aller Anstrengung, allem Grummeln unterwegs, am Ende sind es einmal mehr die Bilder, die entschädigen.. Letztendlich auch immer Zeitzeugen solcher Erlebnisse, die sich einbrennen und die immer abrufbar sind. Daraus entstehen dann irgendwann solche Geschichten, wie diese hier, vom langen Weg zum rettenden Baum.
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