Der Zweifler in mir


(Petra Ewers, Textbild zu „Der Zweifler in mir“, 2023)

Der Zweifler in mir

.

Bin ich ein Narr,

weil ich

durchatme im

Sonnenlicht,

tanze im Regenlied,

schmelzen lasse

Schneeflocken

auf meiner Haut,

beobachtend ihren

glitzernden Weg

ins Nichts?

.

Bin ich ein Narr,

weil ich hinter

Horizonte schaue,

noch immer vertraue

auf das Gute

im Menschen,

respektiere den

anderen?

.

Bin ich ein Narr,

weil ich glaube

an ein Aufstehen

aus unmenschlichen

Abgründen

zu neuen Wegen

in ein würdiges Leben?

(Petra Ewers, Gedicht aus ihrem Buch: „Corona –

Lebenswende 2020“)

4 Antworten zu „Der Zweifler in mir”.

  1. Avatar von Hans-Jürgen Engelmann
    Hans-Jürgen Engelmann

    Zum Gedicht „Der Zweifler in mir“. Auch wenn hier dem Narren der Rock des Einfältigen angezogen wird, der ihm überhaupt nicht passt, so ist doch die Wahl dieses Begriffes allen verständlich, um den Zusammenhang zwischen seinem Tun und den verrückten gesellschaftlichen Normen zu erkennen. Die Autorin begibt sich als Zweifler an ihrem Tun, an ihrer Einstellung, an ihrem Glauben in die Defensive. Zwischen den Zeilen lautet ihre Frage aber ganz konkret: Ist das Normale noch normal oder ist es zur Ausnahme geworden? Sind Verhalten, Ansichten,, Gedanken, die aus unserem Inneren kommen, die gut sind, plötzlich nicht mehr gültig, nicht mehr gefragt? Verkommen Anstand, Höflichkeit, Respekt zu unbedeutenden Nebensächlichkeiten in einer Welt, die uns vorgeben will, wie wir zu funktionieren haben. Bleiben positive Emotionen, Gefühle, Empathie und Sympathie auf der Strecke? In ihrer selbstgewählten Rolle des Zweiflers und der Fragestellung, ob ihre Denkweise, ihr Tun, ihre Lebenseinstellung noch richtig seien, hält uns die Autorin einen unübersehbaren Spiegel vor, der sehr deutlich reflektiert, dass sich unsere Wertevorstellungen gründlich zum Negativen verändert haben. Es geht nicht mehr um Ethik und Moral, nicht mehr um das Gute, das Menschliche. „Wachstum hat Vorfahrt, dem muss sich alles unterordnen“ Das waren die Worte Frau Merkels zu ihrer Amtszeit. Damit hat sie denen in die Karten gespielt, denen es primär um Macht und Geld geht. Dass dabei die guten Tugenden auf der Strecke bleiben und damit auch viele Menschen, versteht sich von selbst. Ein Gedicht, das mit wenigen gut gesetzten Worten die ganze Misere unserer Gesellschaft offenbart. Wir verkommen zu einer gleichgültigen, willenlosen Masse, in der Besinnung, Muße, der Blick auf das Schöne keine Rolle mehr spielen werden. Fremdbestimmt und abhängig hörig werden wir zu Marionetten derer, die sich anmaßen zu wissen, was gut und was schlecht für uns ist. Die KI wird das ihre dazu tun. Na dann gute Nacht Deutschland. Das ist es, was ich diesem starken Gedicht entnommen habe. Kurz, stark in der Aussage und sich selbst reduzierend auf den Zweifler, ist es für mich ein Meisterwerk. Danke und herzlichen Glückwunsch.

    Like

    1. Lieber Herr Engelmann, vielen herzlichen Dank für Ihre tiefgründige Auseinandersetzung mit meinem Gedicht, womit Sie mir eine große Freude bereiteten und mich berührten. Viele liebe Grüße sende ich, alles Gute wünsche ich Ihnen und hoffe, bald auch etwas von Ihnen zu lesen. – Petra Ewers

      Gefällt 1 Person

      1. Avatar von Hans-Jürgen Engelmann
        Hans-Jürgen Engelmann

        Liebe Frau Ewers, ich freue mich über Ihre Reaktion und sage danke. Es wäre gut, würden sich mehr Menschen mit Ihrem Gedicht und damit mit einem wichtigen und aktuellen Thema befassen, das uns alle betrifft. Aber auch das Bedürfnis und die Notwendigkeit, unser eigenes Denken und Handeln zu hinterfragen, scheinen im Abwasser der Beliebigkeit unterzugehen. Wo Konsum Vorfahrt hat, ist für Kultur kein Platz. Leider. Herzliche Grüße, Jürgen Engelmann

        Like

  2. Ein Gedicht, eine Frage, drei Strophen. Die erste Strophe wäre meiner Ansicht nach mit nein zu beantworten, die zweite mit ja, die dritte wieder mit nein.

    So sei in diesem Zusammenhang Goethe bemüht, ein Teil von jener Kraft …, es ist der Schalk im ersten Teil und im zweiten ist der Narr direkt dabei, verkörpert durch des Pudels Kern.

    Ein anregendes Thema, ich nehme es auf!

    Like

Hinterlasse einen Kommentar