
(Petra Ewers, Bildcollage „Toleranz-Intoleranz im Atem der Zeit“, 2024)
Toleranz-Intoleranz
in Zeitenwendungen
.
I. Toleranz
.
Ich toleriere
andere Meinungen,
Überzeugungen, Ansichten,
Lebensweisen, Lebensstile.
.
Ich akzeptiere,
dass alle Menschen mit
all ihren Unterschieden in
ihrer Erscheinungsform,
Situation, Sprache, Werten
und Verhaltensweisen
das Recht besitzen,
in Frieden zu leben und
so zu bleiben wie sie sind.
.
Ich respektiere einen Fremden,
seine Kultur, Religion,
sein Leben.
.
Und doch bleiben
Fragen in mir:
.
Wird der Fremde
meine Kultur
tolerieren können?
.
Ist Toleranz
unterschiedlicher
Lebenswerte in einer
globalisierten Welt
ohne gemeinsame
Sprache möglich?
Ist ein Erhalt
der Individualität
bei unterschiedlichen
gesellschaftlichen Entwicklungen,
Traditionen und Religionen
realisierbar?
.
Ist der Mensch aufgrund
angeborener Urängste vor
Fremdem oder Unbekanntem
überhaupt zur Toleranz fähig
oder ist es nur ein Dulden
„um des lieben Friedens willen“,
ein Durchhalten,
ohne auszuhalten mit dem
Risiko einer Eskalation,
wenn der Selbsterhalt
in Gefahr gerät?
.
Wird die Angst als Urinstinkt
bei dem einzelnen
durch unverständliche
Veränderungen
nicht zu häufig
bagatellisiert und führt
somit zur Gewalt gegen
andere und sich selbst?
.
Ist die Politik in der Lage,
aktuelle Sorgen der
Menschen aufgrund der
Flüchtlingsproblematik,
Pandemiefolgen und Kriege
ernst zu nehmen,
Äußerungen,
auch unbequeme,
zuzulassen, um
Menschen nicht in ein
gesellschaftliches Abseits
und die Gefahr einer
fremdenfeindlichen
Radikalisierung zu drängen?
.
Führt eine
Schein-Toleranz nicht
zum Risiko einer Gewaltwelle,
selbst durch im Zufluchtsland
einstiger Gastarbeiter
und Migranten
geborener Kinder,
deren zu lange
„tolerierte“ innere Konflikte
jederzeit ausbrechen
und sich gegen das Land,
in dem sie sich einst
integriert hatten,
aber auch gegen
die Neu-Migranten
richten können?
.
Wie sollen die „echten“
Flüchtlinge geschützt
werden vor Migranten,
vor deren religiöse oder
menschenfeindliche
Handlungen sie geflohen sind?
.
Gibt es Toleranz,
wenn Menschen des
eigenen Volkes von der Politik
aus sie persönlich betreffenden
lebensverändernden
Entscheidungen
ausgeschlossen werden?
.
Funktioniert eine Integration
ohne Einhaltung einer
bestehenden Ordnung in
dem jeweiligen Zufluchtsland,
ohne gemeinsame Werte,
ohne einheitliche Sprache als
Grundlage zur Vermeidung
von Missverständnissen?
.
II. Beginnt Intoleranz bereits,
wenn ich kritisch gegenüber
Unrecht bin und wer
darf das entscheiden?
.
Bin ich intolerant,
wenn ich keinen Missbrauch von
Kindern, Frauen und Männern,
verleumdenden Worten,
schlagenden Händen dulde,
wenn ich keine
Frauendiskriminierung,
keine Chancenungleichheit
zwischen arm und reich,
keine Korruption akzeptiere?
.
Bin ich intolerant
wenn ich kein Mobbing
weder in Schulen noch im
Beruf unter Ausnutzung der Geißel
Arbeitslosigkeit akzeptiere,
wenn ich keine Schuldumkehr,
wo Opfer zu Tätern gemacht
werden, dulden kann?
.
Bin ich intolerant,
weil ich nicht dulde,
dass Menschen im Alter
im Niemandsland einer
Wegwerfgesellschaft verschwinden
und ein alter Mensch von der
Politik zum Kostenfaktor
degradiert wird?
.
Bin ich intolerant,
weil ich nicht akzeptiere,
dass ein Mensch verurteilt wird
ohne den Sachverhalt, der zu
seinem Handeln führte,
zu beurteilen?
.
Erhalte ich den
Stempel Intoleranz,
weil ich keine Kriege
mit dem Ziel einer
Neuaufteilung der Welt,
keine Zerstörung der Erde
für eine Überflussproduktion
und Zunahme des Kapitalexports
sowie kein: „Alles sehen, hören
und schweigen“ akzeptiere?
.
(Petra Ewers, Gedicht „Toleranz-Intoleranz“, 2023)























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